Wie Sie die richtigen Mitarbeiter für Ihr Mentoring-Programm finden

von Daniel Hannig

Erfahrung ist eine gewaltige Ressource, die nicht immer leicht zu quantifizieren ist. Während einige Unternehmen oft das Potenzial, das sie in Bewerbern sehen, der Berufserfahrung vorziehen, ist das tiefe Wissen, das aus jahrelanger Tätigkeit in einer oder mehreren Funktionen, in einem oder verschiedenen Unternehmen, in einer oder diversen Branchen gewonnen wurde, unglaublich wertvoll. Immer mehr Millennials treten nun in mittlere und höhere Positionen ein und werden bis 2025 75 % der Arbeitnehmerschaft ausmachen. Mentoring ist eine Möglichkeit, eine Vielzahl an Mitarbeitern auf Führungspositionen vorzubereiten und sie durch ihre Karriereentwicklung zu führen. Und es gewinnt an Popularität: 71 % der Fortune-500-Unternehmen bieten ihren Mitarbeitern inzwischen formelle Mentoring-Programme an.

Es gibt viele verschiedene Arten des Mentorings, je nachdem welchen Zweck das Programm erfüllen soll. Mit Blick auf ein bestimmtes Ziel können Mentoring-Programme angepasst werden, um organisatorische Schwächen zu überwinden oder auch um Mitarbeiter zu fördern. Diversity-Mentoring konzentriert sich zum Beispiel auf die Entwicklung von Mitarbeitern aus unterrepräsentierten Gruppen, während Reverse-Mentoring jungen Mitarbeitern die Möglichkeit gibt, ältere Kollegen über neue Technologien und Social Media zu informieren. High-Potential-Mentoring verbindet wiederum vielversprechende Nachwuchskräfte mit erfahrenen Mitarbeitern, die ihnen helfen können, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Junge Mitarbeiter wollen gefördert werden. Die Millennials sind am Ende der Rezession in die Arbeitswelt eingestiegen, haben seitdem eine instabile Arbeitsplatzsicherheit erlebt und daraus resultierend eine Kultur des „Career-hopping“ geprägt. Mentorships lassen jungen Mitarbeitern die ungeteilte Aufmerksamkeit zuteilwerden, die sie benötigen, um sich innerhalb Ihres Unternehmens zu entwickeln, anstatt extern nach Karrierechancen zu suchen. Millennials, die angeben, länger als fünf Jahre bei ihrem Arbeitgeber bleiben zu wollen, haben mit mehr als doppelter Wahrscheinlichkeit einen Mentor (68 % gegenüber 32 %).

Wie funktioniert Mentoring wirklich?

Mentoring kann sehr strukturiert sein – mit festgelegten Standards für Vorbereitung, Besprechung und Abschluss während des gesamten Prozesses – oder es kann eher flexibel gehandhabt werden. In beiden Fällen ist es hilfreich, zunächst ein Ziel zu definieren. Sowohl zu Beginn als auch im weiteren Verlauf einer Mentoring-Partnerschaft sollte der Mentee (die Nachwuchskraft, die betreut wird) die Bereiche oder Fähigkeiten, die er verbessern oder entwickeln möchte, identifiziert und seinem Mentor mitgeteilt haben, damit dieser die Aufmerksamkeit auf die richtigen Themen setzen kann.

Der Vergleich ist gar nicht so weit hergeholt: Mentoring kann sich ein wenig wie eine „Therapiesitzung“ anfühlen, da Gespräche zwischen Mentor und Mentee meist weit über fachliche Themen hinausgehen. Hier spielt das soziale Miteinander von Menschen mit unterschiedlichem Erfahrungshintergrund eine große Rolle. So können beispielsweise persönliche Probleme des Mentees dessen berufliche Leistung beeinträchtigen, und es ist gut, wenn er mit einem älteren Kollegen darüber spricht. Vielleicht hat der Kollege die Erfahrung ja auch schon gemacht und kennt eine Lösung. Die Diskussion über Themen, die sowohl den persönlichen als auch den beruflichen Bereich betreffen, kann durchaus hilfreich sein.

In einem Mentorship gibt der Mentor eine Orientierungshilfe, jedoch keine Anweisung darüber, welche Schritte ein Mitarbeiter unternehmen sollte, um sein gewünschtes Ziel zu erreichen. Ein Mentee sollte seine eigenen Entscheidungen treffen, die durch die Erfahrung seines Mentors gestützt werden. Ein Mentor hilft einem Mentee, seine Situation zu reflektieren, indem er Fragen stellt, Wegweiser aufstellt, herausfordert, berät und Feedback gibt.

Warum wollen Millennials einen Mentor? Ein Junior-Mitarbeiter könnte ein Mentoring-Programm annehmen, um seine persönliche Leistung zu verbessern, mehr über eine andere Funktion zu erfahren oder um sich Ratschläge darüber zu holen, wie man eine herausfordernde Zeit bewältigen kann. Wenn ein externer Beobachter die Stärken und Schwächen bewertet, könnte ein Mentee Fähigkeiten entdecken, von denen er nicht wusste, dass er sie besitzt, und Lösungen finden, auf die er vielleicht nicht alleine gekommen wäre.

Sie könnten vielleicht denken, dass Nachwuchskräfte sich von Freunden und Familie beraten lassen sollten – aber das ist nicht so einfach. Diese Vertrauten wissen wahrscheinlich nicht, wie sich diese nahestehende Person bei der Arbeit gibt oder was ihr Berufsfeld ausmacht. Ihr Urteilsvermögen ist außerdem durch ihre lange persönliche Beziehung mit der Person geprägt, sodass sie nicht in der Lage wären, unvoreingenommene, objektive Tipps zur Bewältigung einer bestimmten Situation zu geben.

5 Qualitäten, die einen guten Mentor ausmachen

Einige Persönlichkeiten sind für die Betreuung besser geeignet als andere. Es kann erfahrene, leistungsstarke Senior-Mitarbeiter geben, die nicht über die Soft Skills verfügen, um einen Junior-Mitarbeiter durch eine schwierige, emotional anstrengende Situation zu führen. Tatsächlich hat die Forschung gezeigt, dass schlechte Mentoring-Erfahrungen zu nachhaltigen negativen Auswirkungen führen können.

Experten im Bereich der Mentoring-Programmgestaltung werden Ihnen sagen, dass die schwierigste Hürde immer darin besteht, passende Mentoren und Mentees zusammenzubringen. Kein Themenbereich ohne entsprechende Softwareentwicklung: Auf der Identifizierung gemeinsamer Merkmale basierend, führen die elektronischen Helfer harmonisierende Nachwuchs- und Führungskräften zusammen – allerdings steckt diese Technik noch in den Kinderschuhen. Trotzdem ist dies ein erster Schritt, um eine Mentoring-Kultur in Ihrem Unternehmen aufzubauen. Behalten Sie diese Checkliste im Hinterkopf, wenn Sie sich im Büro nach geeigneten Mentoren umschauen.

Ein guter Mentor hört zu.

Ein guter Mentor ist in der Lage, zuzuhören und sich an Details zu erinnern, die sein Mentee mit ihm teilt. Ein paar Stolperfallen im Gespräch könnten die Mentees schon dazu bringen zu glauben, dass ihr Mentor ihnen nicht wirklich Aufmerksamkeit schenkt oder ihre Situation ernst nimmt. Aktives Zuhören ist entscheidend für die Beziehung zwischen Mentor und Mentee, da es die Grundlage für Beratung, Erkenntnis und Entwicklung ist. Wenn ein erfahrener Mitarbeiter Sie regelmäßig fragt, was Sie am Wochenende tun, und Ihnen montags dann eine darauf bezogene, interessierte Frage stellt, stehen die Chancen gut, dass er ein aufmerksamer Zuhörer ist.

Ein guter Mentor ist aufgeschlossen.

Ein Mentor sollte nicht urteilen. Eine erfolgreiche Mentor-Mentee-Beziehung beruht darauf, dass sich ein Mentee wohl fühlt, wenn er seine Probleme mit seinem Mentor teilt. Wenn ein Mentor in seiner Autoritätsposition das Thema eines Mitarbeiters herabwürdigt oder kleinredet, wird dieser Mitarbeiter zögern, sich ihm noch einmal anzuvertrauen. Ein idealer Mentor ist aufgeschlossen genug, um mit jedem Problem, das an ihn herangetragen wird, umzugehen. Sie wissen, dass Nachwuchskräfte zwar mit einem Problem zu ihnen kommen könnten, das aus mangelnder Erfahrung entstanden ist, sie gehen aber dennoch behutsam und respektvoll damit um.

Ein guter Mentor verwaltet seine Zeit gut.

Mentoring nimmt Zeit in Anspruch und geht schrittweise voran. Mentees werden sich nicht wohl fühlen, wenn sie ihre Bedenken und Probleme einem Senior-Mitarbeiter von heute auf morgen offenlegen sollen. Die Mentoren-Mentee-Beziehung wird mit regelmäßigen Interaktionen über einen längeren Zeitraum entwickelt. Ein Mentor muss sich verpflichten können, Zeit mit einer Nachwuchskraft zu verbringen, ohne seine eigene Leistung zu beeinträchtigen. Einem guten Mentor kann man vertrauen, dass er seine Zeit effektiv verwaltet. Sie halten Termine ein, planen voraus und können rechtzeitig informieren, wenn sich ihre Arbeit verzögert. Mentoring erfordert auch Verlässlichkeit: Wenn ein Mentor immer wieder Treffen mit seinem Mentee verschiebt, wird die Beziehung darunter leiden. Ein Mentor muss sich sicher sein, eine solch langfristige Verantwortung für den Entwicklungsprozess eines unerfahrenen Mentees übernehmen zu wollen.

Ein guter Mentor ist einfühlsam.

Ein Mentor muss in der Lage sein, sich selbst in der Rolle des Mentees hineinzuversetzen. Ein Mentor lehrt einen Mentee, wie er seinen Job in der realen Welt navigieren kann, indem er Erkenntnisse und beispielhafte Situationen aus seiner eigenen Berufserfahrung teilt. Ein Mentor muss die Arbeit seines Mentees verstehen, um das Ausmaß und die Komplexität seiner Probleme zu begreifen. Wenn möglich, sollte ein Mentor in einem ähnlichen Bereich arbeiten – aber es muss nicht die gleiche Position sein. Während ein Buchhalter vielleicht nicht viel von einem Grafikdesigner lernt, könnten ein HR-Mitarbeiter und ein Vertriebsleiter sich darüber unterhalten, ein nach außen gerichteter Botschafter des Unternehmens zu sein. Deshalb ist das fundierte Mentor-Matching ein Meilenstein im Zuge eines Mentoring-Programms – ein gemeinsames Verständnis ist die Basis für eine erfolgreiche Zusammensetzung. Ein Mentor kümmert sich darum, einen Mentee bei der Bewältigung seiner Herausforderungen zu unterstützen, weil er bestimmt auch schon einmal in der gleichen Situation war.

Ein guter Mentor ist vernetzt.

Die meisten großen Chancen ergeben sich aus der Begegnung mit der richtigen Person zur richtigen Zeit. Soziale, gut vernetzte Mentoren können Nachwuchskräften helfen, den jeweils richtigen Ansprechpartner in mehreren Abteilungen zu finden, um etwas zu erreichen. Sie können den Mitarbeitern sogar helfen, ihre Karriere zu beschleunigen, indem sie die Verbindung ihres Mentees zu vakanten Jobs im Unternehmen herstellen. Wenn ein erfahrener Mitarbeiter ein großes soziales Netzwerk hat, mit Freunden im gesamten Unternehmen, könnte er für eine Nachwuchskraft von Vorteil sein. Diese Art von Mitarbeiter besucht jeden Morgen verschiedene Kollegen, um mit kurzen Unterhaltungen in den Tag zu starten, plant Geburtstagsfeiern und Teamausflüge für Kollegen.

Es gibt kein einheitliches Mentoring-Programm. Wie Sie Ihr Programm strukturieren – ob formell oder informell, einzeln oder in der Gruppe, unbefristet oder zeitlich begrenzt – hängt von den Zielen und Werten Ihres Unternehmens ab. Es ist normal und völlig in Ordnung, Anpassungen vorzunehmen, wenn Sie im Programmverlauf erfahren, was funktioniert und was nicht. Am wichtigsten ist die wirkliche Handlungsbereitschaft und die Verpflichtung des Managements, seine Mitarbeiter mittels eines soliden und kontinuierlichen Mentoring-Programms zu fördern.

Möchten Sie mehr über Mentoring erfahren? Zögern Sie nicht, uns eine Frage in den Kommentaren zu stellen.

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