Work-Life-Balance – 4 Säulen und was sie für Ihr Unternehmen bedeuten

von Gastautor

Du kannst lange, hart oder smart arbeiten. Bei Amazon musst du alle drei wählen. (Jeff Bezos)

Die Haltung, die in diesem Zitat von Amazon-Gründer Jeff Bezos durchkommt, ist nicht nur absolut veraltet, sondern auch gefährlich. Leider ist sie trotzdem noch immer in vielen Firmen die (traurige) Realität. Zu viele Arbeitgeber haben noch nicht verstanden, wie wichtig eine gute Work-Life-Balance nicht nur für ihre Mitarbeitenden, sondern auch für den Unternehmenserfolg ist.

Amazon-Chef Jeff Bezos in einer Fotomontage neben einem Zitat von ihm

Wenn Ihre Mitarbeitenden das Gefühl haben, sie müssten sich am besten gleich mehrfach klonen, um allen Anforderungen gerecht zu werden, dann machen Sie höchstwahrscheinlich etwas falsch und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich bei Ihren Beschäftigten Unzufriedenheit und Überforderung bis zum Burnout breitmachen.

Damit Ihnen das nicht passiert, erklären wir Ihnen in diesem Artikel eines der wichtigsten Modelle zur Work-Life-Balance und verraten Ihnen dazu auch gleich, was das für Sie als Arbeitgeber bedeutet und wie Sie aus dem Konzept ganz konkrete Maßnahmen für die Praxis ableiten.

Was ist eigentlich Work-Life-Balance?

Wenn wir hier von einer guten Work-Life-Balance sprechen, dann meinen wir damit, dass Beruf und Privatleben in einem angenehmen Gleichgewicht sind. Es geht also darum, Arbeits- und Privatleben zu integrieren und miteinander möglichst gut in Einklang zu bringen.

Und auch, wenn das Wörtchen “Balance” es suggeriert, müssen die beiden Bereiche dabei nicht unbedingt gleich priorisiert sein.

Grafik einer Waage mit Arbeit links und Familie rechts, Work Life Balance

Work-Life-Balance-Modell: 4 Säulen der Lebensbalance

Wer seine Mitarbeitenden dabei unterstützen möchte, dieses Gleichgewicht zu finden, sollte zuerst einmal die vier Lebensbereiche – die sogenannten vier Säulen des Lebens – kennen, die für eine gute Work-Life-Balance miteinander in Einklang stehen sollten.

Der Grundgedanke hinter dem Work-Life-Balance-Modell ist einfach: Alle Menschen sind in ihrem Leben von vier Bereichen geprägt. Sie beeinflussen, wie zufrieden, glücklich oder aber auch gestresst jemand ist.

Konkret handelt es sich dabei um die folgenden Dinge:

  1. Arbeit und Leistung: Viele Menschen stecken in ihre Arbeit eine Menge Zeit und Energie. Dieser Bereich kann deshalb sehr erfüllend sein, bietet aber auch Potenzial für Probleme.
  2. Gesundheit und Fitness: Zu diesem Bereich gehört alles rund um Geist und Körper – von der Ernährung über geistige und körperliche Fitness bis zur Erholung von Stress.
  3. Familie und soziale Kontakte: Familie, Freunde, Partner, Bekannte oder Kollegen sind extrem wichtig für die Work-Life-Balance. Sie bilden das soziale Umfeld und können ein Ausgleich sein sowie Unterstützung und Rückhalt bieten. Fehlende oder toxische soziale Kontakte können dagegen Stress verstärken.
  4. Sinn und Werte: Gemeint ist damit das Streben nach einem Lebenssinn und nach Selbstverwirklichung, das jeder Mensch hat. Fehlt das und man weiß nicht, worauf man hinarbeitet, kommen schnell Orientierungslosigkeit und Frust auf.

Wieviel Gewicht die einzelnen Lebensbereiche haben, kann dabei individuell verschieden sein. Der eine findet Erfüllung im Berufsleben, der andere verbringt am liebsten Zeit mit Familie und Freunden und wieder einer findet nur beim Sport echte Entspannung nach einem harten Tag. Jeder Mensch kann die vier Lebensbereiche anders optimal für sich nutzen. Oft zeigen sich hier auch starke Unterschiede zwischen Frauen und Männern.

Wichtig ist: Für echtes Wohlbefinden und eine ausgewogene Work-Life-Balance sollten das Privatleben und man selbst nicht zu kurz kommen und man sollte gleichzeitig in der Lage sein, seinen Beruf voll auszufüllen – ohne überarbeitet zu sein oder in anderen Lebensbereichen dafür zurückzustecken.

Was können Unternehmen aus dem Modell lernen?

Unternehmen haben die Verantwortung, die passenden Rahmenbedingungen für eine gute Work-Life-Balance zu schaffen. Modelle wie das der vier Lebensbereiche helfen Ihnen, besser zu verstehen, was Ihre Mitarbeitenden brauchen. Wenn man nämlich genauer hinschaut, lassen sich aus dem Modell ganz konkrete Maßnahmen ableiten, mit denen Sie Ihre Mitarbeitenden dabei unterstützen können, die perfekte Balance zwischen Arbeits- und Privatleben zu finden. Ein paar davon stellen wir Ihnen später vor.

Die vielleicht wichtigste Erkenntnis, die wir aus dem Modell gewinnen können, ist, dass das Wohlbefinden Ihrer Mitarbeitenden ganz entscheidend davon abhängt, ob ihre privaten Wünsche und Bedürfnisse erfüllt werden – schließlich lassen sich drei von vier Lebensbereichen überwiegend dem Privatleben zuordnen.

Waage mit Holzklötzen mit Schrift Work Life Balance, Finger drückt von oben auf Seite mit "Life"

Wer jetzt aber denkt, Möglichkeiten für die individuelle Umsetzung einer guten Work-Life-Balance kämen nur den Mitarbeitenden zugute, der täuscht sich gewaltig. Wer zufriedener ist, weil er oder sie die verschiedenen Bereiche seines Lebens besser miteinander vereinbaren kann, wird auch motivierter und produktiver an die Arbeit gehen. Die Mitarbeiterzufriedenheit wächst, und das wiederum werden Sie auch als wirtschaftlichen Erfolg für Ihr Unternehmen messen können.

6 einfache Maßnahmen, für die Ihre Mitarbeiter dankbar sein werden

1. Flexible Arbeitszeiten und -orte erlauben

Immer mehr Firmen setzen mittlerweile auf Ergebnis- statt Präsenzkultur. Was zählt, ist das Ergebnis – unabhängig davon, wann und wo gearbeitet wird. Die Vorteile der Einführung von flexiblen Arbeitszeiten und -orten liegen dabei auf der Hand: Wer sich seine Zeit den Tag über selbst einteilen kann und nicht an starre Vorgaben gebunden ist, kann berufliche und private Aktivitäten besser koordinieren. Sorgen Sie deshalb mit Homeoffice, Gleitzeit, Vertrauensarbeit & Co. für mehr Flexibilität bei der Arbeit, dann können Sie die Work-Life-Balance verbessern.

Laptop mit Unternehmenswebsite auf einem Tisch im Schwimmbad

2. Ein E-Mail-Verbot im Urlaub verhängen

Ständig erreichbar zu sein macht krank und lässt uns schlechter abschalten. Das zeigt unter anderem eine Studie von YouGov im Auftrag des Technologieunternehmens Slack. Jeder zweite Befragte gab in der Studie an, nur schlecht abschalten zu können, wenn er oder sie nach Feierabend oder über Feiertage trotzdem mobil für Kollegen, Vorgesetzte oder Kunden erreichbar ist.

Achten Sie deshalb darauf, dass Sie eine Arbeitskultur schaffen, in der ständige Erreichbarkeit weder Pflicht, noch die gängige Praxis ist. Setzen Sie beispielsweise ein klares Zeichen und verbieten Sie Ihren Mitarbeitenden, Mails im Urlaub oder an Feiertagen zu checken und zu beantworten. Oder Sie gehen noch einen Schritt weiter gehen und richten Ihre Server technisch so ein, dass nachts, an Wochenenden oder an freien Tagen erst gar keine Mails an Diensthandys weitergeleitet werden.

3. Ausreichend Zeit für Projekte einplanen

Gerade wer projektbezogen arbeitet, hat oft Probleme mit der Work-Life-Balance. Eng gesetzte Deadlines, zeitintensive Abstimmungen und viele Überstunden, damit das Projekt rechtzeitig fertig wird, sind oft die Realität. Meistens ließe sich das vermeiden, indem man die Zeitspanne für Projekte realistischer ansetzt und zum Beispiel auch für kreative Pausen und gemeinsame Brainstormings ausreichend Zeit einplant. Achten Sie beim nächsten Projekt einmal darauf – Sie werden sehen, dass Ihre Mitarbeitenden motivierter bei der Sache sind und mehr leisten.

4. “Unnötige” Aufgaben vermeiden

Ist ein Arbeitsprozess erst einmal aufgestellt, wird er oft nicht mehr hinterfragt – auch dann nicht, wenn sich die Anforderungen im Markt oder Personalkapazitäten ändern. Das führt dazu, dass bei vielen Ihrer Mitarbeitenden Aufgaben auf dem Tisch liegen, die unnötig Zeit fressen.

Betrachten Sie deshalb regelmäßig verschiedene Arbeitsabläufe und Themen im Unternehmen und stellen Sie sich die Fragen: Brauchen wir diesen Prozess wirklich? Können wir ihn schlanker gestalten? Lassen sich Aufgaben umverteilen oder auslagern? Können wir vielleicht sogar ganz auf das Projekt verzichten?

5. Emotionale Check-ins einführen

Gefühle zeigen war in der Arbeitswelt lange nicht denkbar, wird heute aber immer wichtiger. Wir alle sind schließlich Menschen, keine Maschinen. Gerade, wenn es darum geht, die Work-Life-Balance Ihrer Mitarbeitenden zu verbessern, ist ein Einblick in deren emotionalen Zustand Gold wert.

Sogenannte “Check-ins” sind ein beliebtes Mittel, das Sie hierfür einsetzen können: Sie sind eine Art Ritual, bei dem alle Teilnehmenden zu Beginn eines Meetings als erstes einmal kurz mitteilen, in welcher Stimmung oder mit welcher Erwartungshaltung er oder sie teilnimmt. Auch eine kurze Abfrage aktueller persönlicher Herausforderungen kann Teil dieser Check-ins sein. Das löst die strikte Trennung zwischen privatem und professionellem Ich auf und sorgt für bessere Kommunikation und einen stärkeren Zusammenhalt im Team. Aber Achtung: Möchte jemand partout nicht daran teilnehmen, sollten Sie das respektieren.

Kollege und Kollegin lachen und gegen sich High Five

6. Umfragen zur Work-Life-Balance durchführen

Wer nicht nachfragt, erfährt auch nichts. Führen Sie deshalb regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch und greifen Sie dabei auch das Thema Work-Life-Balance auf. So haben Sie immer im Blick, wie bei Ihren Mitarbeitenden der aktuelle Stand ist – und können daraus ableiten, an welchen Stellschrauben Sie künftig noch drehen können, um besser zu werden. Mit Tools wie Honestly lassen sich solche Umfragen oder Pulsbefragungen ganz leicht erstellen.

Mehr Tipps, mit denen Sie Ihre Mitarbeiter auf dem Weg zu einer gelungenen Work-Life-Balance unterstützen – wie z. B. Lebensarbeitszeitkonten, die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit oder Gesundheitschecks – finden Sie in unserem Artikel “Work-Life-Balance – 6 profitable Maßnahmen für Ihr Unternehmen“.

Work-Life-Balance-Modell – FAQ

Was gehört zu einer guten Work-Life-Balance?

Die Work-Life-Balance umfasst sowohl Berufs- als auch Privatleben, also unter anderem soziale Kontakte, Selbstverwirklichung, Gesundheit, Karriere und Erfolg. Für eine gute Work-Life-Balance sollten die vier Lebensbereiche im Gleichgewicht sein.

Was passiert, wenn die Work-Life-Balance meiner Mitarbeiter nicht mehr stimmt?

Stimmt die Work-Life-Balance nicht, drohen als direkte Folgen unter anderem Überforderung und Burnout. Im schlimmsten Fall kann eine schlechte Work-Life-Balance auch dazu führen, dass Mitarbeitende sich mit dem Unternehmen nicht mehr verbunden fühlen und kündigen. Nicht zuletzt schädigt das auch Ihren Ruf als Arbeitgeber.

Wie kann ich die Work-Life-Balance verbessern?

Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten, emotionale Check-ins und Maßnahmen, die die psychische sowie physische Gesundheit der Mitarbeitenden fördern, sind effektive Beispiele, mit denen Sie die Work-Life-Balance Ihrer Mitarbeitenden verbessern können.

Wie sehe ich, ob meine Maßnahmen funktionieren?

Emotionale Check-ins mit den Mitarbeitenden geben Ihnen ein gutes Stimmungsbild. Außerdem helfen Umfragen zum Thema Work-Life-Balance, den Status Quo zu erfassen und zu sehen, ob Maßnahmen akzeptiert werden.

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