Sexismus am Arbeitsplatz – Sexismus im Unternehmen erkennen und adressieren

von Gastautor

Zwei von drei deutschen Frauen haben schon Sexismus am Arbeitsplatz erlebt. Spätestens seit der öffentlichen Debatte unter dem Schlagwort #metoo dürfte klar sein, wie tief Sexismus in unserer Bevölkerung verankert ist und wie viele Frauen darunter leiden. Trotzdem sind Sexismus und sexuelle Belästigung noch immer fester Bestandteil im Leben der meisten Frauen.

Auch am Arbeitsplatz gehört Sexismus leider für viele zum Alltag. Betroffen sind auch hier meistens Frauen – es gibt aber natürlich auch Männer, die diesbezüglich schon unschöne Erfahrungen machen mussten.

Insgesamt ist Sexismus ein unterschätztes Risiko, das sich nicht nur auf die Betroffenen, sondern auch auf Ihr Unternehmen negativ auswirkt. Was Sexismus ist, wie man ihn erkennt und was man dagegen tun kann und sollte, erklären wir Ihnen in diesem Artikel.

Was bedeutet Sexismus im Alltag?

Sexismus findet immer dann statt, wenn Geschlechter nicht als gleichwertig angesehen und nicht gleich behandelt werden. Sobald sich ein Geschlecht dem anderen überlegen fühlt, ist der Grundstein für Sexismus gelegt.

Sexismus im Alltag zeigt sich dabei in den unterschiedlichsten Verhaltensweisen und Situationen: durch Sprache, diskriminierende Blicke, beleidigende Gesten oder sexuelle Belästigung in Form von ungewollten Berührungen bis hin zu sexueller Gewalt.

Diese Liste ließe sich theoretisch endlos verlängern – denn es gibt unzählige Arten, jemanden einzuschüchtern, klein zu machen, unter Druck zu setzen, zu belästigen oder zu beleidigen, basierend auf dem Geschlecht, dem sich der- oder diejenige zugehörig fühlt.

Wie äußert sich Alltagssexismus am Arbeitsplatz?

Sexismus ist für viele Menschen Teil ihres Arbeitsalltags. Vielleicht fallen Ihnen selbst auch direkt einige sexistische Situationen ein, die Sie schon erlebt oder bei Kolleginnen (und Kollegen – Sexismus betrifft nicht nur Frauen) mitgekriegt haben? Um Sexismus und Diskriminierung im Arbeitsalltag keine Chance mehr zu geben, ist es wichtig, zuerst einmal zu wissen, wie Sexismus überhaupt aussehen kann.

Comichafte Darstellung von Sexismus am Arbeitsplatz

Oft beginnt es mit anzüglichen Kommentaren, Pfiffen oder Gesten, geht weiter mit einer eindeutigen E-Mail oder WhatsApp-Nachrichten mit Bildern von Geschlechtsteilen, die man nicht sehen wollte, oder mit Händen auf Hintern oder anderswo am Körper und endet im schlimmsten Fall bei Druck, den Vorgesetzte, Kollegen oder Kunden machen, mit ihnen ins Bett zu gehen – wobei sie im Gegenzug Jobs, Beförderungen oder Aufträge versprechen.

Aber auch, wenn der Chef die Stimmung beim Mittagessen mit ein paar flachen Blondinen-Witzen “auflockert” oder man als Frau fürs Meeting ganz selbstverständlich den Kaffee holen soll, während die männlichen Kollegen die Präsentation noch einmal durchgehen, ist das schon Sexismus. Dasselbe gilt, wenn Frauen bei der Geschäftsreise automatisch auf dem Beifahrersitz Platz nehmen oder beim Pitch für einen Automobilhersteller mit dem Argument, das Thema sei “eher männlich” besetzt, außen vor gelassen werden, obwohl sie gute Ideen haben.

Auch “wohlwollender” Sexismus gehört mit zum Problem: Wenn ein Mann über eine Kollegin zum Vorgesetzten sagt: “Dein Mädchen hat ja tatsächlich was drauf!”, dann darf man sich als erwachsene Frau zurecht fragen, wieso diese Person glaubt, über ihre Fähigkeiten überrascht sein zu dürfen und gönnerhaft zu urteilen.

Welche Folgen hat Alltagssexismus für Unternehmen?

In Unternehmen ist Sexismus deshalb so problematisch, weil er oft unterschätzt und auch überhört wird. Auf den ersten Blick scheint Sexismus zwar nur ein moralisches Problem zu sein, das vor allem die betroffenen Personen belastet. Tatsächlich ist Sexismus aber schädlich für die gesamte Gesellschaft und ihre Organisationen.

Sexistisches Verhalten – egal ob gegenüber Frauen oder Männern – wirkt sich negativ auf die Psyche der Betroffenen aus. Eine im September 2019 veröffentlichte Studie des University College London beispielsweise zeigte: Frauen, die am Arbeitsplatz von einem sexistischen Klima betroffen waren, entwickelten dreimal häufiger Depressionen, waren weniger leistungsfähig, unzufriedener und ungesünder. Innerliche Resignation und schließlich die Kündigung sind Konsequenzen, die viele Frauen und Männer für sich aus Sexismus im Alltag und bei der Arbeit ziehen.

Frau in weißer Bluse steht abseits mit verschränkten Armen, Männer im Hintergrund deuten auf sie

Unternehmen, in denen Sexismus zum Alltag gehört oder die bereits wegen eines Sexismus-Skandals in der Öffentlichkeit standen, büßen ordentlich an Reputation und Attraktivität als Arbeitgeber ein. Eine männlich dominierte Kultur, in der sexistisches Verhalten normal ist, ist dabei für das berufliche Wohlbefinden der Mitarbeitenden genauso schädlich wie sexuelle Belästigung.

Türöffner für negative Unternehmenskultur

Wird in einer Organisation Sexismus toleriert, deutet das auf eine negative Unternehmenskultur hin, die oft auch den Weg ebnet für weitere Diskriminierungsformen wie Rassismus oder Nepotismus. Umso wichtiger ist es, Sexismus im Alltag und am Arbeitsplatz zu erkennen und etwas dagegen zu unternehmen. Dabei sind die HR-Abteilung und die Führungsebene genauso gefragt, wie jeder einzelne Mitarbeiter.

Was kann man gegen Sexismus tun?

Das Problem beim Sexismus ist, dass die Hemmschwelle, sich zu wehren oder sich Hilfe zu suchen, bei den betroffenen Personen oft sehr hoch ist. Das Thema ist für die Opfer mit Scham verbunden und Kollegen für Übergriffe, abfällige Bemerkungen oder sexistische Witze zur Rede zu stellen, erfordert viel Mut. Der fehlt in solchen Momenten aber oft.

Um den Teufelskreis zu durchbrechen und für Gleichberechtigung zu sorgen, muss man Sexismus erkennen, benennen und schließlich durch den Gang an die Öffentlichkeit beenden. Betroffene sollten das Problem für sich selbst in Worte fassen und zu Papier bringen, was passiert ist. Wann und auf welche Art wurden sie aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert? Wie ging es ihnen emotional damit? Anschließend sollte das Thema angesprochen werden – egal ob zunächst bei einem vertrauten Kollegen oder direkt beim Vorgesetzten. Auch die Personalabteilung oder eine Gleichstellungsbeauftragte können Ansprechpartner im Arbeitsumfeld sein.

Waage im Gleichgewicht mit Symbolen für männlich und weiblich in den Waagschalen

Unternehmen sollten dabei Strukturen schaffen, die helfen, Sexismus im Alltag zu vermeiden und es für Frauen und Männer einfacher machen, solche Themen frühzeitig anzusprechen. Sie sollten einen respektvollen Umgang vorleben und ein positives Arbeitsklima schaffen. Sind Begegnungen auf Augenhöhe, Respekt, Toleranz und Anstand in der Unternehmenskultur etabliert, haben sexistische Einstellungen weniger Chancen, sich durchzusetzen.

Auch regelmäßige Pulsumfragen dienen als Ventil für Mitarbeitende, Sexismus zu melden und damit die Basis zu schaffen, etwas dagegen zu unternehmen.

Sexismus am Arbeitsplatz – FAQ

Wo fängt Sexismus im Alltag an?

Sexuelle Übergriffe sind nur die Spitze des Eisbergs. Sexismus beginnt schon im Alltag bei scheinbar witzigen Sprüchen, stereotypen Beschreibungen und Momenten, in denen Menschen aufgrund ihres Geschlechts in eine bestimmte Rolle gedrängt werden. Grundlage sind meistens Werte und Normen, die in der Jugend zum Beispiel in der Familie vermittelt wurden.

Sind Sexismus und sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz das gleiche?

Es gibt einen Unterschied zwischen Sexismus – also der Benachteiligung aufgrund des Geschlechts – und sexueller Belästigung. Geschlechtsbedingt benachteiligen kann man jemanden auf ganz unterschiedliche Weisen. Trotzdem vermischt sich beides oft, die Grenzen sind fließend und das eine baut häufig auf dem anderen auf.

Woran erkennt man Sexismus am Arbeitsplatz?

Wer herausfinden möchte, ob sein Arbeitsplatz sexistisch ist, sollte diese eine Frage in mehrere kleine Fragen unterteilen und zum Beispiel überlegen, wie viele Frauen im Unternehmen in Führungspositionen arbeiten, ob ehrgeiziges Verhalten von Frauen negativ bewertet wird, ob männliche und weibliche Angestellte gleich bezahlt werden und alle anständig miteinander umgehen.

Wie sollten Betroffene reagieren?

Wer von Sexismus betroffen ist, sollte klare Kante zeigen, den Sexismus von Anfang an klar benennen und versuchen auf Augenhöhe zu kontern. Manchmal reichen ein simples, aber bestimmtes “Lass das!” oder sachliche Antworten, um den anderen bei unangebrachten Sprüchen frühzeitig in die Schranken zu weisen.

Wie kann man Sexismus im Arbeitsalltag aufdecken?

Außer dass man Vorgesetzte und Mitarbeiter generell für das Thema Sexismus sensibilisiert, können auch Mitarbeiterbefragungen helfen, Sexismus im Arbeitsalltag aufzudecken. Die Wahrnehmungen der Mitarbeiter können so erfasst werden, Sie erhalten ein Stimmungsbild und können rechtzeitig Gegenmaßnahmen ergreifen. Mit Tools wie Honestly lassen sich solche Umfragen mit kleinem Aufwand durchführen.

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