4 Tipps, um interkulturelle Managementfähigkeiten aufzubauen

von Daniel Hannig

„Die meisten meiner wichtigen Lektionen über das Leben sind daraus entstanden, zu erkennen, wie Menschen aus einer anderen Kultur die Dinge sehen.“  – Edgar H. Schein

Da sich Menschen in der heutigen Zeit immer enger vernetzen und Unternehmen nicht mehr ausschließlich lokal agieren, werden auch Arbeitskräfte ortsunabhängiger. Momentan sind über 230 Millionen Arbeitnehmer „Expatriates“, was in etwa 3,3 % der Weltbevölkerung entspricht.

Global agierende Unternehmen profitieren dementsprechend von einem breitgefächerten, internationalen Talentpool. Dieser ermöglicht es ihnen, Perspektiven zu erweitern, neue Blickwinkel zu schaffen und somit unterschiedlichste Ideen in einem innovativen und erfolgsorientierten Führungsstil zu verankern.

Man sollte meinen, dass einige der weltweit führenden Unternehmer „interkulturelles Management“ oder „interkulturelle Kompetenz“ erfasst und verinnerlicht haben und bereits umsetzen können. Die Fähigkeit, kulturelle Unterschiede wahrzunehmen, nachzuvollziehen und respektvoll einzusetzen, ist entscheidend für den Aufbau von Vertrauen. Und dies führt wiederum zu einer enormen Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer.

Klingt das nicht wunderbar einfach? Unternehmen stellen mehrere „Expats“ ein, Manager verfeinern interkulturelle Managementfähigkeiten, Vertrauen wird aufgebaut und jeder gewinnt!

Nun, die Realität ist leider etwas komplizierter.

Zum Beispiel beurteilen wir unsere geschäftlichen Interaktionen oftmals durch die Brille unserer eigenen kulturellen Voreingenommenheit. Wenn wir uns potenzielle kulturelle Konflikte bewusst machen, riskieren wir außerdem, uns zu schnell auf stereotypisierte Vorurteile zu berufen – was in meisten Fällen nicht besonders hilfreich ist.

Wie können wir also diese Fallstricke vermeiden und uns kulturelle Unterschiede stärker bewusst machen? Das Ziel sollte es doch sein, diese Unterschiede nicht automatisch als Konfliktpotenzial zu betrachten, sondern innovativ zu nutzen und durch vorbehaltloses Denken in Produktivität umzusetzen.

Lernen Sie durch Beobachtung

Interkulturelle Beziehungen sind keine neue Erfindung. Seit Anbeginn der Menschheit liegt das Umherwandern und die Verbindung mit anderen Kulturen in der Natur unserer Spezies. Innerhalb der Wissenschaft haben Anthropologen ihren Beobachtungsansatz längst verfeinert, um kulturelle Unterschiede auf detaillierten Ebenen zu verstehen. Dazu versuchen sie, sich selbst aus der Perspektive einer Person mit anderem kulturellen Hintergrund zu hinterfragen.

Diese Verschiebung der Perspektive hilft Ihnen zu vermeiden, bei Verhaltensweisen anderer, die Ihnen ungewohnt erscheinen, in ein unterbewusstes „Us vs. them“-Denkmuster zu verfallen. Stattdessen sollten Sie sich mehr darauf konzentrieren, die Denkschemata hinter gewissen Verhaltensweisen zu begreifen. Dies kann nur durch Offenheit, aktives Zuhören und den Versuch, Vorurteile zu vermeiden, erreicht werden.

Daher sollten Sie keine Muster ignorieren, die aus Ihrer kulturell geprägten Sichtweise irrational oder verwirrend erscheinen. Beobachten Sie sie stattdessen umso genauer. Stellen Sie gezielte Fragen, wenn die Dinge auf den ersten Blick für Sie keinen Sinn ergeben. Auch wenn dies den eigentlichen Prozess kurzfristig verlangsamen kann, wird es sich auf lange Sicht betrachtet lohnen.

Seien Sie anpassungsfähig

Ein weiterer wichtiger Aspekt des interkulturellen Managements ist es, zu akzeptieren, dass Ihr eigener Arbeits- oder Führungsstil möglicherweise für manche Ihrer Mitarbeiter nicht geeignet ist. Die Annahme, dass sich andere immer an Sie anpassen sollten, ist aus Führungssicht ein schwerwiegender Fehler. Dies gilt sowohl dann, wenn Sie sich als Manager aus dem Ausland in einer fremden Kultur befinden, als auch in der Situation, in der Sie ein internationales Team in Ihrem Herkunftsland leiten.

Das bedeutet nicht, dass Sie das, was für Sie oder Ihre Kultur wichtig ist, vollständig aufgeben sollten. Viel sinnvoller ist es, bewusst nach Gemeinsamkeiten zu suchen und/oder Verhaltensweisen zu identifizieren, die das Team in seinem Wirken positiv beeinflussen, um gezielt darauf aufzubauen. Es wird zum Beispiel in einigen Kulturen als unhöflich angesehen, wenn man ein Meeting beginnt und direkt zum geschäftlichen Teil übergeht, ohne einige Minuten der ungezwungenen Unterhaltung voranzustellen.

Wenn dies in Ihrem Team der Fall ist, wäre das eine willkommene Möglichkeit, Ihren Führungsstil anzupassen. Halten Sie wöchentliche Meetings ab, in denen Sie die Leute bitten, kurz über bemerkenswerte Situationen oder Begegnungen zu sprechen, die sie während der Woche innerhalb oder auch außerhalb der Arbeit erlebt haben. So können Sie ebenfalls auf persönlicher Ebene mehr über Ihr Team erfahren und nachvollziehen, was die Mitglieder motiviert und wo ihre Interessen liegen.

Werden Sie sich selbst bewusst

Eine der größten Herausforderungen für das interkulturelle Management besteht darin, die eigenen Vorurteile in Schach zu halten. Dies mag nicht immer leicht sein, jedoch gibt es mehrere Ansätze, um sich dabei weiterzuentwickeln.

Wenn ein Teammitglied auf eine Art und Weise reagiert, mit der Sie nicht gerechnet haben, nehmen Sie sich einen Moment Zeit, um in sich zu gehen und die Situation besser einschätzen zu können. Noch besser ist es, das Teammitglied direkt zu fragen, wenn Sie sich und auch die betreffende Person damit wohl fühlen. Hören Sie aufmerksam zu: Manchmal ist es wichtiger, wie eine Botschaft empfunden wird als die Botschaft selbst.

Eine andere Möglichkeit ist es, eine dritte Person hinzuzuziehen, die möglicherweise „kulturell versierter“ ist als Sie selbst. Es könnte ein anderes Teammitglied, ein Mentor außerhalb des Unternehmens oder eine andere neutrale Person sein. Am wichtigsten ist, dass diese Person dazu fähig ist, Ihre Verhaltensmuster zu analysieren und auch verbal imstande ist, Sie sachlich darauf hinzuweisen, worin Ihre Fehler liegen könnten.

Wir sind alle Menschen

Obwohl ein Bewusstsein für interkulturelle Unterschiede und der Umgang mit ihnen sehr wichtig ist, sollten Sie die Grundfesten eines kulturübergreifenden menschlichen Wertesystems nicht aus den Augen verlieren. Die Psychologie beschreibt, dass wir alle von grundlegenden sechs (andere sagen vier) Emotionen beeinflusst werden. Zu verstehen, was Emotionen auslöst, ist der entscheidende Punkt. Es gibt einige Werte wie beispielsweise Ehrlichkeit, Respekt und Freundlichkeit, die wir alle zu schätzen wissen, wenn wir ihnen begegnen und sie selbst in unseren Wertekanon aufgenommen haben. Diese Werte können als Brücke zwischen interkulturellen Unterschieden fungieren.

Gesunde Werte von Anfang an zu vermitteln, kann Ihnen den Weg durch interkulturelle Herausforderungen deutlich erleichtern. Fehler werden dadurch als authentisch angesehen und nicht als Versuche, die eigene Herkunft zu untergraben, während Respekt sicherstellt, dass stets ein Gefühl der Anerkennung und Wertschätzung vermittelt wird – selbst wenn man sich in manchen Dingen uneinig ist.

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